SANDuhren – Restauration
SANDuhren Restaurieren am Beispiel eine KanzelSANDuhr
Gegenstand: | KanzelSANDuhr mit vier Gläsern und Rückwandbrett mit Übertragung der Bewegung des Gläsergehäuses zum Stundenzeiger |
Signatur: | Jacobus Hartmann SANDuhrmacher in Leipzig |
Hersteller: | Jacobus Hartmann, Leipzig, um 1700 |
Bearbeitungszeitraum: | 2011 |
Restaurator: | Lothar Hasselmeyer |
Bild SANDuhr vor der Restaurierung
Zustandsbeschreibung
Die gesamte SANDuhr ist stark verschmutzt und durch die Überarbeitung dunkel verfärbt. Rückwandbrett und Gläsergehäuse weisen unterschiedliche Schadensbilder auf und werden einzeln betrachtet.
Das Rückwandbrett mit der Papierbeklebung ist stark durch Anobienfraß zerstört. Fraßgänge direkt unter der Oberfläche des Holzes gefährden die Graphik. Da die graphischen Darstellungen weitgehend unkenntlich sind, ist die Lesbarkeit und Funktion nur noch sehr eingeschränkt. Der Bestand an Papier ist als ruinös zu bezeichnen. Die aufgeleimte Graphik ist mit lasierenden Rot akzentuiert, eine weitere Farbgestaltung ist nicht mehr nachvollziehbar.
Beide Bohrungen für die Aufhängung der SANDuhr sind zersetzt und labil. Der Stundenzeiger und der Zeiger für die Kalenderscheibe sind nicht mehr original. Außerdem fehlt der gedrechselte Zapfen für die Datumanzeige. Bohrungen an den Seitenkanten des Brettes (oben und unten) weisen auf ehemals vorhandene „Zierzapfen“ hin.
Nicht original und völlig unbrauchbar ist der versprödete Gummi in der Rückwandmechanik. Wegen den sehr fest sitzenden abgewinkelten Stahlnägeln lässt sich die Abdeckplatte für die Mechanik nur sehr schwer abnehmen.
Am Rückwandbrett ist das Gläsergehäuse mit einem aus Holz geschnitzten Arretierungsstift befestigt.
Das Gläsergehäuse (Höhe = 26,4 cm; Breite = 24,7 cm; Tiefe 8,0 cm) besteht aus einem Rückseitenbrett mit geschnitzter Rosette, zwei hölzernen Deckplatten, fünf geschnitzten Verbindungsstegen, vier SANDgläsern (bestehend aus jeweils zwei miteinander verbundenen Glaskolben) und den zwischen den Fußpunkten der Verbindungsstege eingeklebten Glaseinfassungen. Alle acht gedrechselten Zierzapfen auf den beiden Deckplatten sind verloren gegangen.
Viele Teile am Gläsergehäuse sind spätere Ergänzungen: die Gläser, der SAND, die Glaseinfassungen, die Positionierungsscheiben und zwei Verbindungsstege. Bis auf die beiden ergänzten Verbindungsstege und die Positionierungsholzscheiben sind alle Holzteile durch Anobienfraß geschädigt.
Untersuchungen haben gezeigt, dass die originale Farbigkeit direkt auf dem vorgeleimten hölzernen Träger des Gehäuses liegt. Neben roten und grünen Pigmenten wurde Blattmetall verwendet, möglicherweise Zwischengold (großflächige Verschwärzung des Silberanteils), sowie rote und grüne Lacke zur Akzentuierung.
Zwei im Abstand von einem halben Jahr angefertigte Aufnahmen zeigen, dass selbst die relativ jungen Ergänzungen nur noch teilweise mit dem Gläsergehäuse verbunden sind und verloren gehen. Aus diesem Grunde ist wohl vor längerer Zeit mit einem moderneren Klebstoff nachgeleimt worden. Dadurch findet sich eine Kombination von Holzleim und stark versprödetem Klebstoff
Eine Zusammenstellung von Veränderungen, die im Laufe der Zeit vorgenommen wurden, lässt die wechselvolle Geschichte der KanzelSANDuhr erahnen.
- Ersetzen der 4 SANDgläser ohne Eichung der Zeit, alle vier Gläser laufen ähnlich, die Laufzeiten betragen: Glas 1 = 17 min, Glas 2 = 18 min, Glas 3 = 15 min, Glas 4 = 20 min
- Angepasste Holzscheiben zum Positionieren der SANDgläser
- Ergänzen von zwei geschnitzten Verbindungsstegen
- Anfertigung von zwei Zeigern ohne Fassung
- Überfassung / dicke Leimschicht über Papier und Mittelteil
- dunkles Eintönen der aufgeklebten Graphik (Bindemittel unklar)
- Übermalung des Gläsergehäuses und der roten Außenkante des Rückwandbrettes mit rotbraun und Bronze (öliges Bindemittel)
- Einlegen von Pappen und Gummi (jetzt völlig versprödet) in die Mechanik
- Einschlagen von abgewinkelten Stahlnägeln zur Befestigung der Abdeckplatte für die Mechanik und zusammennageln des Gläsergehäuses
Ein älteres Bild aus Anlass der Reparatur/Restaurierung der SANDuhr aus dem Jahr 1963 zeigt den damals aktuellen Zustand. Es ist ein relativ geschlossenes und harmonisches Erscheinungsbild der SANDuhr zu erkennen. Die aufgeklebten Graphiken weisen schon einige Fehlstellen auf. Eine farbliche Überfassung wie sie später zu sehen war, ist jedoch noch nicht vorhanden.
Die aus Lederimitat gefertigten Glaseinfassungen sind schon vorhanden. Erkennbar ist auch der durch Anobienfraß geschädigte Zustand der oberen Befestigung des mittleren Verbindungsstegs. Die vier anderen Verbindungsstege zeigen relativ gleiche Einfärbungen. Vor allem sind bei diesen vier Stegen die farbigen Hervorhebungen der mittleren kreuzförmigen Verzierung gut zu erkennen. Vermutlich handelt es sich hier noch um alle vier original erhaltenen Verbindungsstege. Von der abgebrochenen Ecke ist noch nichts zu entdecken.
Die Glasverschlüsse sehen neu aus, sind jedoch in historisch originaler Weise ausgeführt. Auch der SAND weist eine relativ helle Farbe auf und kann durchaus noch original erhalten sein, denn die Leipziger SANDuhren waren, soweit noch original erhaltene SANDuhren dieser Bauweise bekannt sind, immer mit einem sehr weißen SAND gefüllt.
Für die erheblichen Unterschiede zwischen den Erscheinungsbildern von 1963 und 2011 (Glasverschlüsse, Farbfassung, zwei neue Verbindungsstege, Zeigerergänzung, abgebrochene Ecke an der Deckplatte) gibt es wohl nur eine sinnvolle Erklärung:
Mit großer Wahrscheinlichkeit ist die SANDuhr (vielleicht wegen dem durch Anobienfraß geschwächten Holz) von der Wand gefallen und dabei stark beschädigt worden. Dies würde erklären weshalb heute zwei relativ neue Verbindungsstege und neue (zumindest stark überarbeitete) SANDgläser anzutreffen sind. Die komplette Überfassung mit Farbe kann hier auch ein späterer Versuch gewesen sein, die Holzteile zu stabilisieren.
Prinzipiell ist festzustellen, dass die Bearbeitung der SANDuhr im Jahr 1963 sehr einfühlsam und möglichst originalgetreu ausgeführt wurde. Die spätere Bearbeitung (Zeitpunkt unbekannt) entspricht einer sicherlich sehr aufwendigen Reparatur. Der Bearbeiter konnte trotzt großem Fleiß einem Anspruch auf Originalität nicht gerecht werden
Restauratorische Zielstellung
Die SANDuhr soll als geschichtlicher Zeitzeuge wieder im Kircheninnenraum präsentiert werden.
Trotzt extremer Substanzverluste und Umarbeitungen soll es das Ziel der Restaurierung sein, sich dem ursprünglichen Erscheinungsbild anzunähern. Damit wird die KanzelSANDuhr wieder erlebbar und ihre ursprüngliche Funktion lässt sich nachvollziehen. Um den Umfang der Arbeiten zu beschränken, wird auf das Einrichten der ursprünglichen Laufzeiten verzichtet.
Rückwandbrett und Gläsergehäuse sind in ihren Aufgabenstellungen unterschiedlich zu behandeln und werden deshalb einzeln bearbeitet.
Rückwandbrett:
- Demontage (Abnahme des Gläsergehäuses, der Zeiger im Zifferblatt und im Kalenderblatt sowie Demontage der Mechanik zur Bewegungsübertragung)
- Abnahme der Übermalung
- Reinigung und Festigung der aufgeklebten Kupferstiche
- Partielle Festigung des durch Anobienfraß geschädigten Holzes
- Festigung der originalen Farbfassung
- Retuschieren von Fehlstellen
- Ergänzung der Zeiger nach historischen Vorlagen
- Farbige Fassung der Zeiger
Gläsergehäuse:
- Demontage
- Abnahme der Übermalung
- Festigung des durch Anobienfraß geschädigten Holzes
- Ergänzung bzw. Ersatz der Zapfen an den Verbindungsstegen
- Ergänzen der Glaseinfassungen nach historischen Vorlagen
- Anpassung der Glasverschlüsse
- Montage des Gläsergehäuses
- Teilretusche von Fehlstellen
- Farbfassung der Glaseinfassungen, Vergoldung, Retusche
Restaurierungsarbeiten
Bei der Demontage des Gläsergehäuses zeigte sich, dass die verleimten Bereiche durch gealterte Verleimung und Schäden durch Wurmbefall sehr desolat waren. Dazu im Gegensatz wiesen einige Bereiche, durch die Verwendung eines modernen Klebstoffes, sehr feste und stabile Verbindungen auf. Besonders deutlich war dieses im Bereich der aus Kunstleder ausgeschnittenen Einfassungen für die SANDgläser, die sich aus diesem Grunde nur sehr schwer ablösen ließen.
Es stellte sich heraus, dass die vier SANDgläser in ihren Durchmessern ein wenig zu groß für das Gläsergehäuse sind. Hierdurch klemmten sie fest zwischen den Verbindungsstegen und es bestand die Gefahr des Bruchs von Gläsern oder hölzerner Verbindungsstege. Wahrscheinlich hatten sich wegen diesen Spannungen schon mehrere Verbindungen am Gläsergehäuse gelöst und zu Zerfallserscheinungen geführt, die dann von Zeit zu Zeit durch neue Verleimungen gestoppt werden sollten. Die Versuche einer Verbesserung dieser Situation durch Abtragen von Material an den Verbindungsstegen hatten kaum verbessernde Wirkung erzielt.
Mittels Befeuchtung durch Kompressen im Verleimungsbereich konnte der wasserlösliche Leim angelöst werden. Diese Bereiche ließen sich jetzt gut voneinander trennen.
Da die moderne Verleimung in den meisten Fällen auf Bereichen älterer Verklebungen vorgenommen worden war und auf diesem Leim auflag, konnten auch diese Bereiche nach deutlich längerer und intensiverer Befeuchtung Stück für Stück abgelöst werden. Die aus Holz bestehenden Distanzscheiben für die Höhenpositionierung der einzelnen SANDgläser wurden ebenfalls abgenommen. Während diesen Arbeiten löste sich auch die an der einen Deckplatte durch Verleimen angefügte Ecke.
Die vor allem auf den Oberflächen beider Deckplatten zu erkennenden vielen Löcher des Befalles von Holzwürmern hatten schon im Vorfeld erahnen lassen, dass die Originalsubstanz der KanzelSANDuhr erhebliche Schäden aufweist. Das gleiche Schadensbild zeigt sich auch auf den Innenseiten der Deckplatten.
Durch die abgelöste Ecke an der Deckplatte wurde das wahre Ausmaß der Schädigung im Inneren der Deckplatten sichtbar und es konnte nun eine genaue Einschätzung des wirklichen Schadensbildes vorgenommen werden. Die Struktur des Holzes ist durch den Befall weitgehend zerstört worden. Im Wesentlichen werden große Bereiche des hölzernen Gläsergehäuses nur noch durch Leimrückstände, die Farbfassung und einigen Resten erhalten gebliebener Holzstrukturen zusammen gehalten.
Da die beiden ergänzten Verbindungsstege keinerlei Schäden durch Wurmbefall aufweisen, kann davon ausgegangen werden, dass der Befall nicht mehr aktiv ist. Eine Festigung der geschädigten Teile der KanzelSANDuhr ist jedoch unumgänglich. Die erforderlichen Arbeiten werden in der Dokumentation bei den Arbeiten am Rückwandbrett genauer beschrieben.
SANDgläser
In dem Bereich, in dem die Gläser von den Glaseinfassungen umschlossen werden, befanden sich Ablagerungen des moderneren Leims an denen teilweise Reste vom Leder der Glaseinfassungen haften geblieben waren. Die Leim- und Kunstlederrückstände wurden von der glatten Oberfläche des Glases mittels Skalpell vorsichtig abgetragen. Die Reinigung der SANDgläser erfolgte dann mit einer Seifenlösung und bereitete keine Probleme.
Um den SANDgläsern ein Erscheinungsbild zu geben, welches ursprünglich bei den SANDuhren dieses Typs anzutreffen ist, wurde die alte Schnürung am Glasverschluss abgenommen. Unter dem goldscheinenden, geflochtenen Faden wurde ein rötlicher, fest ausgehärteter Kitt vorgefunden. Dieser verschließt die Gläser Luftdicht und gibt dem Glasverschluss Stabilität.
Bei einem der Gläser hatte sich dieser Verschluss gelöst (der Kitt ist sehr spröde) und die beiden Glaskolben des SANDglases fielen auseinander. Offensichtlich wurden sie nur noch vom Zierfaden zusammen gehalten. Da sich vom Kitt dieser Glasverbindung einige rote Krümel in den SAND des mit SAND gefüllten Glaskolbens verirrt hatten, wurde dieser entleert und der SAND ausgesiebt. Erschwerend war hier, dass sich der SAND in dem Glaskolben befand, der noch mit der Lochscheibe abgedeckt war. Diese ist fest vom Kitt eingeschlossen und lässt sich nur abnehmen, wenn der Kitt abgetragen wird.
Da sich der SAND und die roten Krümel jedoch durch die Bohrung der Lochscheibe herausschütten ließ, konnte auf ein Freilegen der Lochscheibe verzichtet werden.
Nachdem der SAND entnommen und gesiebt worden war stellte sich bei der Reinigung des Glaskolbens mit der Lochscheibe heraus, dass sich in diesem Glaskolben neben einigen größeren Körnchen noch ein Splitter aus Glas oder versprödetem modernen Klebstoff befindet, welcher größer als die Bohrung in der Lochscheibe ist. Zweifellos würde bei zukünftigen in Betrieb nehmen der SANDuhr das SANDglas wegen dieses Fremdkörpers immer wieder zum stehen bleiben kommen.
Zusätzlich wurde auch geprüft, welche Laufzeiten die drei anderen SANDgläser aufweisen. Bei mehreren Durchlaufversuchen ergaben sich Laufzeiten von 17 bis 20 Minuten. Bei zwei SANDgläsern musste der Versuch mehrfach wiederholt werden, da der SANDlauf stehen geblieben war. Auch in diesen SANDgläsern ließen sich Fremdkörper auffinden (Holzspäne, rote Krümel vom Kitt), die einen einwandfreien Lauf des SANDes behindern.
Um einen sicheren Lauf des SANDes in allen vier SANDgläsern sicher zu stellen, müsste die Lochscheibe des offenen Glases frei gelegt und zwei weitere SANDgläser geöffnet werden. Erfolgt dieses auf mechanischem Wege durch Abschleifen des Kitt, ist die Gefahr des Zerbrechens eines oder mehrerer Glaskolbens sehr hoch. Auf chemischen Weg, durch Anlösen des Kitt, ist das Eindringen des Lösungsmittels in den Glaskolben nicht zu verhindern. Der SAND hätte im Anschluss gereinigt, getrocknet und gesiebt werden müssen. Am Ende der Arbeiten wären die vier SANDgläser wieder gut lauffähig, würden aber alle nur im Zeitraum von 20 Minuten ablaufen.
Es stellte sich hier die Frage, ob eine Überarbeitung dieser drei SANDgläser sinnvoll ist? Die SANDgläser sind eine (nicht ungeschickt ausgeführte) spätere Ergänzung. Sie sind im Durchmesser ein wenig zu groß und in den Längen ein Stück zu kurz und obendrein noch sehr unterschiedlich ausgefallen. Außerdem sollte der SAND üblicherweise von weißer Farbe sein, er besteht meist aus gemahlenen weißen Eierschalen und die Laufzeiten der einzelnen SANDgläser müssen ebenfalls völlig anders ausfallen. Das erste Glas benötigt ursprünglich eine Laufzeit von 15 Minuten, das zweite dann 30, beim dritten sind es 45 Minuten und das vierte schließlich soll in einer Stunde ablaufen.
Der Aufwand für das Einrichten eines ursprünglichen SANDlaufes mit den vorhandenen SANDgläsern wäre einer Neuanfertigung von SANDgläsern nahegekommen. Dieses war aus Kostengründen von vorn herein weder vorgesehen noch möglich und hätte auch inhaltlich wenig Sinn gehabt, da ein Betreiben der SANDuhr nicht vorgesehen ist.
Der wenig befriedigende Zustand des Laufverhaltens muss also hingenommen werden. Zum Stabilisieren und Herstellen einer optisch ausgewogenen Erscheinung wurden nun die Glasverbindungen mit einer Schicht aus Bienenwachs überzogen und mit einen Faden fest verschnürt. Eine weitere Wachsschicht sichert den Faden und gibt dem Glasverschluss die endgültige Form.
Nun folgt die optische Anpassung nach historischem Vorbild. Hierbei wird der Glasverschluss meist mit Papier, Stoff oder Leder überzogen und mit einer Zierschnürung fixiert. Üblicherweise wird für die Schnürung ein metallummantelter Faden (Lahn) verwendet. Dieser besteht aus einem textilen Faden, welcher mit einer goldfarbenen Metallfolie (Messing oder vergoldetes Messing) umwunden ist. Die Verwendung eines goldhaltigen Metalls zum Umwinden von Fäden kam jedoch nur für sehr wertvolle Gegenstände in Betracht (bei einer SANDuhr im Grünen Gewölbe in Dresden ist ein solcher Faden zu erkennen). Meistens fand ein mit Messingfolie ummantelter Faden seine Verwendung und ist deshalb durch Verschmutzung und Korrosion heute nur noch selten in seiner wirklichen Farbe zu erkennen.
Die Glasverschlüsse der vorliegenden SANDuhr wurden mit einem dunkelroten Stoff überzogen und mit goldfarbenem Lahn kreuzförmig geschnürt. Der hier verwendete Faden wird vor allem bei der Herstellung von Zier- und Schleifenbändern verwendet. Er ist wohl nicht vergoldet, weist jedoch eine hohe Beständigkeit gegenüber Korrosion auf (vermutlich wurde er durch rohdinieren oder einem ähnlichen Verfahren stabilisiert).
Durch diese Gestaltung erhielten die SANDgläser ein dem ursprünglichen Erscheinungsbild ähnliches Aussehen und sind im Bereich des SANDdurchlaufes stabil und luftdicht verschlossen.
Arbeiten am Gläsergehäuse
An mehreren der hölzernen Verbindungsstege war Material abgenommen worden um die Gläser in das Gläsergehäuse hinein zu bekommen. Dabei wurde sowohl an den original erhaltenen Stegen, wie auch an den ergänzten Verbindungsstegen etwas Holz abgetragen.
Die erwünschte Wirkung war hiermit nicht erreicht worden. Einige Zapfen, ohnehin schon vom Wurmbefall geschwächt, waren entweder schon bei der Glasergänzung abgebrochen oder wurden später ein Opfer der starken Spannungen. Mit dem Einschlagen von Nägeln hat man dann ein Auseinanderfallen des Gläsergehäuses verhindert.
Es ist zusätzlich eine weitere Möglichkeit zum Vergrößern des Platzes vorgenommen worden. Die Bohrungen für die Zapfen der Verbindungsstege erhielten an den kritischsten Stellen (an den seitlichen Bohrungen in einer der Deckplatten) eine Erweiterung zum Langloch.
Die beiden Langlöcher konnten begradigt und mit Holz so zugesetzt werden, dass der Zapfen des Verbindungssteges mehr zur Außenkante des Gläsergehäuses hin seinen Fußpunkt hat. Damit die Verbindungsstege gerade im Gläsergehäuse stehen und die SANDgläser etwas mehr Platz gewinnen, wurde an der gegenüberliegenden Deckplatte in gleicher Weise verfahren.
Dennoch klemmen die Gläser nach wie vor fest im Gläsergehäuse. Für das gefahrlose Zusammenspiel zwischen SANDgläsern und Gläsergehäuse ist diese Korrektur noch immer unzureichend. Prinzipiell ist es kritisch, die originale Substanz an eine Ergänzung anzupassen, denn es führt zu Verfälschungen und ist meistens nicht reversibel. In diesem Falle sind jedoch die Möglichkeiten begrenzt. Einerseits kann eine Ergänzung der SANDgläser nicht finanziert werden und andererseits weist das Gläsergehäuse schon eine Reihe von anpassenden Veränderungen bzw. endgültigen Schäden auf. Es war also eine Stabilisierung des Gläsergehäuses vorzunehmen, bei dem mit möglichst wenig substanziellem Eingriff die Spannungen durch die zu groß ausgeführten SANDgläser reduziert werden können.
Durch Korrekturen und Ergänzung der Zapfen an den Verbindungsstegen, bei denen nur ein einziger originaler Zapfen versetzt werden musste, zeigt das Gläsergehäuse nun eine deutlich größere Stabilität. Die Gläser haben ausreichend Platz und können spannungsfrei im Gläsergehäuse platziert werden.
Die während der Demontage abgelöste Klebeverbindung der abgebrochenen Ecke an der Deckplatte wurde ebenfalls befestigt. Da gerade in diesem Bereich eine starke Holzschädigung vorliegt, ist die Befestigung dieser Ecke kritisch. Zwar bietet das gefestigte Holz eine gewisse Stabilität in diesem Bereich, doch eine formschlüssige Klebefläche war auf den beiden Abbruchkanten nicht mehr vorhanden. Dieses Problem löste der vorhergehende Reparateur indem er den Bereich mit viel Leim auffüllte. Solche Verklebungen halten nicht ewig und müssen immer wieder nachbearbeitet werden. Nicht selten gehen im Laufe der Zeit solche desolaten Einzelteile auch oftmals verloren.
Da das gefestigte Holz jetzt ausreichend belastbar ist, konnte eine Verbindung mittels kleiner Holzzapfen gewählt werden. Hierbei erhalten die Deckplatte und die abgebrochene Ecke jeweils zwei sich gegenüber liegende Bohrungen. In diese wurden dann zwei Holzzapfen eingeleimt und die Ecke aufgesteckt. Durch die verleimten Zapfen und dem Leim an den Bruchkanten sind so viele sichere Kontaktpunkte an der Klebestelle, dass die Ecke jetzt wieder sicher an der Deckplatte befestigt ist.
Anfertigung der Höhenpositionierung für die SANDgläser aus Kork
Die hölzernen Auflagestücke für die Positionierung der SANDgläser sind entsprechend den unterschiedlichen Längen der einzelnen SANDgläser ausgeführt worden. Da die SANDgläser aber im Gehäuse verklemmt waren, hatten diese kaum eine Bedeutung. Außerdem ist die Verwendung von Holz als sehr problematisch zu betrachten, da bei Spannungen im Gläsergehäuse (diese können durch klimatische Schwankungen jederzeit auftreten) die Auflagestücke gegen die Gläser drücken und diese unter Druck setzen können.
Bei original erhaltenen SANDuhren ist als Polsterung und Positionierungshilfe in den meisten Fällen zusammengefaltetes Papier anzutreffen. Auch Kork ist in einem Fall vorgefunden worden. In diesem Falle soll vor allem eine individuelle Positionierung der unterschiedlich großen SANDgläser erreicht werden, denn am Ende sollen die schmuckvollen Glasverschlüsse in der Mitte des Gläsergehäuses in einer Reihe zu sehen sein. Da dieses bei den deutlichen Höhenunterschieden mit Papier nur sehr schwer zu erreichen ist, bot sich Kork als bestes Material an.
Der erste Versuch glückte nicht ganz, da die Einwölbungen an den Böden der Glaskolben völlig unterschiedlich sind. Um ein befriedigendes Ergebnis erreichen zu können, musste jedes Auflagestück individuell an die jeweilige Glaslänge und Glasform angepasst werden.
Ergänzung der Glaseinfassungen
Die Glaseinfassungen an der SANDuhr sind wahrscheinlich bei der Überarbeitung im Jahre 1963 hinzugefügt worden. Ein Hinweis auf die originalen Glaseinfassungen ist nicht vorhanden. In wie weit die Ergänzungen dem ursprünglichen Zustand entsprechen, lässt sich nicht einschätzen.
Da die vorgefundenen Glaseinfassungen in Ihrer Gestaltung von den bisher bekannten Ausführungen der Leipziger SANDuhrmacher abweichen, entsteht an dieser SANDuhr eine Verfälschung. Hierdurch wird das Erscheinungsbild der SANDuhr erheblich gestört. Ein eindeutiger Hinweis auf die originale Ausführung fehlt jedoch. Deshalb wurde ein Vergleich mit anderen SANDuhren aus Leipziger Produktion vorgenommen.
Bei insgesamt 64 gegenüber gestellten Leipziger SANDuhren ergab sich, dass bei keiner einzigen SANDuhr die Gestaltung der Glaseinfassungen mit der an einer anderen SANDuhr identisch war. Es lassen sich zwar einige Gestaltungstypen zu Gruppen zusammen fassen, doch die Motive der einen Gruppe finden sich dann auch immer wieder vereinzelt in den anderen Gruppen wieder. Von den hier betrachteten SANDuhren sind nur etwa 10 SANDuhren mit einem Rückwandbrett ausgestattet, die oft eine sehr aufwändige Gestaltung der Glaseinfassungen aufweisen. Doch auch einfachere Ausführungen sind vertreten.
Die Leipziger SANDuhren ohne Rückwandbrett zeigen eine scheinbar unerschöpfliche Vielfalt in der Gestaltung ihrer Glaseinfassungen. Eine Zuordnung zum Hersteller oder Herstellungsjahr ist hier noch nicht möglich.
Um eine möglichst realistische Lösung zu finden, sollte die häufigste Gestaltungsvariante herausgefunden werden. Es ist eine möglichst zurückhaltende Variante zu wählen, die dem SANDuhrentyp in seiner Gesamterscheinung gerecht wird
Die in der Ergänzung aus Kunstleder aufgenommene Gestaltung kann durchaus an die ursprüngliche Ausführung angelehnt sein. Bei weiteren 7 bekannten SANDuhren ist eine solche gezackte Kante zu erkennen. Allerdings endet hier auch schon die Gleichheit, denn die in allen sieben bisher bekannten Glaseinfassungen vorhandenen Durchbrüche sind relativ aufwändig und vielfältig. Von herzförmigen, drei oder vierblättrigen Kleeblättern bis zu großen und kleinen Löchern wechselt alles in unterschiedlichen Zusammenstellungen.
Die KanzelSANDuhr einer anderen Kirche zeigt sich nicht nur in einer der vorliegenden SANDuhr sehr ähnlichen Gestaltung, sondern ergibt auch die größte Annäherung. Es handelt sich hier um das am häufigsten anzutreffende Motiv, es ist in der Gestaltung zurückhaltend und anspruchsvoll.
Die Maße der Glaseinfassungen ergeben sich aus den Abmaßen des Gläsergehäuses. Die Anzahl der gezackten Bögen und Löcher sind ebenfalls gut zu bestimmen. Die Anzahl der Zacken je Bogen sind bei den einzelnen SANDuhren jedoch immer wieder unterschiedlich oder auf Grund starker Abnutzungen, Beschädigungen, dickschichtiger Farbüberfassung oder wegen zu schlechtem Bildmaterial nicht eindeutig zu erkennen.
Um eine Ergänzung der Glaseinfassungen vornehmen zu können war eine geeignete Pappe zu finden, es mussten Stanzwerkzeuge für die Löcher und die Zackenkante hergestellt werden und es war eine geeignete Art der Formübertragung auf die Pappsegmente zu entwickeln.
Ein 1,1 mm starker, grauer und weicher Karton ist das Ausgangsmaterial für die Glaseinfassungen. Als Stanzwerkzeuge wurde ein älteres Locheisen auf das erforderliche Maß umgearbeitet und ein zweites aus einem vierkantigen Werkzeugstahl ausgeschliffen. Ein kleiner Flachmeißel zum sauberen Ausarbeiten der Tiefen zwischen den Bögen wurde aus einem Rundmaterial gefertigt.
Das genaue Abbild in Form und Größe wurde gezeichnet und mehrfach kopiert. Mit einfachem Klebestift wurden die Bilder auf den Pappstreifen aufgeklebt. Dann konnte die Kontur der Glaseinfassung ausgeschnitten sowie die Löcher und die Zackenkante Stück für Stück ausgestanzt werden. Schließlich wurde das aufgeklebte Bild von der Pappe abgezogen und die Glaseinfassungen zwischen die Fußpunkte der Verbindungsstege eingepasst und eingeklebt.
Nach Abschluss aller bisher beschriebenen Restaurierungs- und Ergänzungsarbeiten wurde noch die farbliche Retuschierung und Verleimung des Gläsergehäuses vorgenommen.
Die Fassung des Gestells wurde im jeweiligen Lokalton retuschiert bzw. auf der Basis der Farbuntersuchungen und im Vergleich mit anderen historischen Vorbildern ergänzt und farbig an einen gealterten Zustand angepasst. Hierbei erfolgte ein Vorleimen mit Hasenhautleim, eine partielle Vergoldung mit Blattgold, Retuschen mit Gouachefarbe und ein Überzug aus Dammarfirnis.
Alle Glaseinfassungen aus Pappe wurden mit Schellack isoliert und erhielten eine Vergoldung auf Leimbasis.
Bild Gläsergehäuse nach Abschluss der Arbeiten
Arbeiten am Rückwandbrett (Träger)
Das Rückwandbrett mit seinen Kupferstichen zeigt in den Bereichen mit Papierbeklebung einen hohen Grad an Zerstörung durch Anobienfraß. Die Fraßgänge direkt unter der Oberfläche des Papiers gefährden die aufgeklebten Graphiken stark, da durch den Verlust der Trägersubstanz keine ausreichende Auflage für die Papierbeklebung vorhanden ist.
Durch erste Reinigungsversuche am Zifferblatt ließen sich kleine Teile der Papierbeklebung frei legen. In einer anschließenden Konsultation mit einem Papierrestaurator konnten die weiteren Arbeitsabläufe für diese Bereiche festgelegt werden.
Die umfangreiche Überfassung der Graphiken bestand aus einem Konglomerat von Schmutz, Leim und Temperafarbe, daher gestaltete sich dessen Abnahme als sehr kompliziert und zeitaufwendig. Die labile Papierstruktur wurde während diesen Arbeiten mehrfach mit Fu-Nori-Leim stabilisiert.
Es folgte eine aufwendige Abnahme der öligen Überfassung in den Rotbereichen des Rückwandbrettes. Hierdurch konnte eine Freilegung der originalen Fassungsreste erreicht werden. Die anschließende optische und teilweise mikroskopische Fassungsuntersuchung machte Einzelheiten der noch vorhandenen originalen Gestaltung erkennbar. Die aufgeleimte Graphik ist mit lasierenden Rot akzentuiert, eine weitere Farbgestaltung ist jedoch nicht mehr nachvollziehbar.
Das Rückwandbrett wurde durch eine Tränkung mit Paraloid B 72, gelöst in Ethylacetat, partiell gefestigt und wo möglich, annähernd auf Oberflächenniveau geschlossen (die gleichen Arbeiten wurden am Gläsergehäuse ausgeführt). Trotzdem gibt es hohl liegende Bereiche unter dem Papier, die sehr Druckempfindlich sind.
An diese Arbeiten schloss sich eine Nachreinigung an. Das Papier wurde enzymatisch gereinigt und einer Konservierung mit FuNori (ca. 5%ig) unterzogen.
Die nachfolgende Kittung des Rückwandbrettes mit einem Gemisch aus Acrylharzdispersion K 360, mit feinstem SAND und Kreide, ergab eine Beruhigung der zerstörten Oberfläche. Die anschließende Retusche mit Aquarell und Gouachefarben versucht, trotzt des ruinösen Papierzustandes, diese Flächen als Einheit erlebbar zu machen.
Die Rotfassung des Rückwandbrettes erhielt eine Konservierung mit Hasenhautleim 5%ig, bei der gleichzeitig eine Glättung von Bereichen mit aufgerollter Farbfassung vorgenommen wurde.
Die Mechanik im Rückwandbrett wurde lediglich wieder zusammengefügt, wobei der nicht originale, völlig verbraucht und versprödete Gummi durch einen zusammengefügten, doppelt gelegten Leinenstrick ersetzt wurde. Die Bewegungsübertragung vom Gläsergestell zum Stundenzeiger ist damit wieder vollständig in Funktion.
Wegen den sehr fest sitzenden abgewinkelten Stahlnägeln ließ sich die Abdeckplatte für die Mechanik nur sehr schwer abnehmen. Um einen leichten und schadensfreien Zugang zu gewährleisten (die Nägel waren nicht original) wurden die sekundär verwendeten Nägel durch leichtgängige Metallklemmen ersetzt.
Da beide Bohrungen für die Aufhängung der SANDuhr teilweise zersetzt und labil sind, wurden Messinghülsen zur Befestigung an der Wand angefertigt. Diese erhielten zur Wand hin einen tellerartigen Ansatz (ca. 5 mm stark), so dass die SANDuhr mit einer geringen Distanz zur Wand hin befestigt werden kann.
Der Stundenzeiger und der Zeiger für die Anzeige in der Kalenderscheibe sind spätere Ergänzungen (der einsteckbare Zapfen für die Datumanzeige fehlt). Der Vergleich mit original erhaltenen Zeigern an anderen SANDuhren mit Rückwandbrett aus Leipziger Fertigung zeigt, dass die älteren Zeigerergänzungen in ihrer Ausführung keine Ähnlichkeit mit den Originalen haben. Das Belassen dieser Zeiger an der SANDuhr wäre eine Verfälschung, die dem originalen Erscheinungsbild in keiner Weise entspricht. Auch hier ist ein Vergleich mit originalen Vorbildern erforderlich.
Wie schon bei der Betrachtung der Glaseinfassungen am Gläsergehäuse zeigt sich auch bei der Ausführung der Stunden- und Datumzeiger eine unendlich scheinende Vielfalt. Dieser Variantenreichtum erstreckt sich genau so bei der Verwendung der aufgeklebten Graphiken oder der Gestaltung der Verbindungsstege an den Gläsergehäusen. Obwohl alle Arten von Einzelteilen wieder und wieder an den Leipziger SANDuhren zu finden sind, werden sie doch in ganz unterschiedlichen Kombinationen zusammengestellt. Offensichtlich hatte man lange Zeit bestimmte Einzelteile vorrätig und stellte diese dann ganz individuell zusammen. Sehr wahrscheinlich sind nur wenige Kleinserien produziert worden und der Käufer konnte aus einem großen Sortiment auswählen.
Da bei der vorliegenden SANDuhr nicht bekannt ist, welche Zeigerformen ursprünglich vorhanden gewesen sind, wurde eine Entscheidung zur Ergänzung nach historischem Vorbild gefällt. Wie schon bei der Ergänzung der Glaseinfassungen sollte hier nicht eine spektakuläre Variante, sondern eine realistische und möglichst dezente Lösung gefunden werden.
Beim Vergleich mit original erhaltenen Vorlagen zeigte sich, dass sich eine relativ schlichte Zeigerform mehrfach wiederholt. Sie besteht aus einem gestreckten, birnenförmig gedrechselten Holzkörper, der auf der Unterseite abgeflacht ist. Die beiden Zeiger wurden nach diesen Vorbildern ergänzt, wobei die noch vorhandenen Dübel (Zeigerlager) beibehalten werden konnten.
Zeiger für Zifferblatt oben: Länge: 4,8 cm, max. 2 cm breit
Zeiger für Tagesanzeige unten: Länge 4,8 cm, max. 1,8 cm breit
Im Dezember 2011 wurden die Restaurierungsarbeiten abgeschlossen und die SANDuhr wieder an der Wand im Bereich der Kanzel befestigt.
Bild KanzelSANDuhr nach der Restaurierung