Sandregister mit verschiedenen Sandproben

SANDuhren – Kanzeluhren

Kanzeluhren – SANDuhren in Gottes Hand

Der Begriff KanzelSANDuhr ist heute recht geläufig. Wann diese Bezeichnung erstmals, und seit wann sie üblicherweise verwendet wird, ist nicht abschließend geklärt. In den allgemeinen Nachschlagewerken findet sich dieser Begriff erst weit nach 1900. Zuvor wurde eher von der SANDuhr auf der Kanzel gesprochen. Auch der Begriff „Predigeruhr“ kommt hin und wieder vor. Es scheint nicht sonderlich zweckmäßig zu sein, den Begriff „KanzelSANDuhr“ näher definieren zu wollen, da er letztlich nur einer der Bezeichnungen für das ist, worum es sich hier drehen soll. Was ist nun eine KanzelSANDuhr? Eine KanzelSANDuhr ist eine SANDuhr, die in der Kirche zur Bemessung der Redezeit des Geistlichen verwendet wird oder wurde. Der Einfachheit halber, soll der Name KanzelSANDuhr weiterhin im Gebrauch bleiben, auch und weil er alle anderen Begrifflichkeiten in sich vereint.

Dabei ist es unerheblich ob diese direkt an der Kanzel befestigt ist oder nur in der Nähe der Kanzel an der Wand angebracht wurde. Sie kann ebenso gut sehr weit von der Kanzel entfernt, dafür aber gut sichtbar im Kircheninnenraum angebracht sein. Wenn sie in der Kirche zur Bemessung der Redezeit benutzt wurde, ist sie zu den KanzelSANDuhren zu zählen. SANDuhren die heute in privaten Sammlungen oder Museen aufbewahrt werden, früher jedoch in einer Kirche ihren Dienst versahen, sind ebenfalls hinzu zu rechnen.

Die Bauart einer SANDuhr spielt bei der Zuordnung zur Gattung der KanzelSANDuhren keine Rolle. In den ersten Darstellungen der Kirchenpredigt in Verbindung mit einer SANDuhr werden immer nur SANDuhren mit einem SANDglas abgebildet. Sie konnten auf der Kanzelbrüstung stehen oder in ein eigens dafür vorgesehenes Gestell hineingestellt werden. Selbst eine drehbare Befestigung direkt an der Wand neben der Kanzel war möglich. Hin und wieder gab es auch aufwendig geschmiedete oder geschnitzte Gestelle, an die das SANDglas drehbar montiert wurde. Welche Laufzeiten für diese einzelnen SANDgläser allgemein üblich waren ist nicht zweifelsfrei überliefert.

In der Folgezeit kamen SANDuhren mit mehreren SANDgläsern in Gebrauch. Auch wann solche Gläserzusammenstellungen mit SANDgläsern in unterschiedlichen Laufzeiten zum ersten Mal benutzt wurden ist unbekannt. Eine der ersten bekannten SANDuhren mit mehreren SANDgläsern ist eine dreiglasige SANDuhr, heute im Grünen Gewölbe in Dresden. Bei dieser KanzelSANDuhr lässt sich aus dem Wappen auf einer ihrer Deckplatten das Herstellungsdatum für erste Viertel des 17. Jahrhundert ableiten. Ihr Verwendungszweck ist jedoch unbekannt.

In den Kirchen waren es anfangs einfache Stunden- oder Halbstundengläser, die entweder auf der Kanzelbrüstung standen und später in eigens dafür geschaffene, geschmiedete Gestelle gestellt werden konnten. Später dann waren es vor allem SANDuhren mit zwei oder vier SANDgläsern, die eine weite Verbreitung fanden. In einigen wenigen Ausnahmefällen waren auch SANDuhren mit drei oder fünf SANDgläsern anzutreffen. Die Befestigung solcher Gläsergehäuse direkt an der Kanzelbrüstung kam eher selten vor. Meistens waren sie drehbar an einem Trägergestell oder an der Wand neben der Kanzel angebracht. Die Laufzeiten für SANDuhren mit vier Gläsern war immer eine ¼, eine ½, eine ¾ und eine ganze Stunde. Bei den SANDuhren mit fünf Gläsern kam noch ein SANDglas mit der Laufzeit von einer 1/8 Stunde (7,5 Minuten) hinzu. Die Laufzeiten der SANDuhren mit zwei Gläsern lagen wohl bei einer halben und einer ganzen Stunde. Die Einteilung für dreiglasige SANDuhren ist bisher noch nicht eindeutig identifiziert. Generell kann davon ausgegangen werden, dass die Gesamtlaufdauer im allgemeinen eine Stunde betrug, wobei die unterschiedliche Gläserzahl für eine Unterteilung der Stunde in bestimmte Zeitabschnitte gebraucht wurde.

Am weitesten verbreitet waren in den Kirchen die SANDuhren mit vier SANDgläsern. Jedoch kann einer SANDuhr, egal welcher Bauart, nicht allein aufgrund ihrer äußeren Gestaltung die Funktion als KanzelSANDuhr zugeschrieben werden. Es gab in vielen Regionen Europas SANDuhrenhersteller, die SANDuhren in großen Stückzahlen herstellten. Sicherlich war dabei der Bedarf an KanzelSANDuhren ein wesentlicher Schwerpunkt der Fabrikation. Doch nicht immer kamen solche SANDuhren dann auch in die Kirche. Weltliche Interessenten, wie z. B. Amtsstuben, Schlösser, Rittergüter und Bürgerhäuser bezogen letztlich von den gleichen Produzenten ihre SANDuhren. So kam manche SANDuhr, die genau so aussah wie eine KanzelSANDuhr, niemals in eine Kirche zum Gebrauch.

Generell definiert sich der Begriff der KanzelSANDuhr wie folgt: „Eine SANDuhr ist unabhängig von ihrer Bauartart nur dann eine KanzelSANDuhr, wenn sie im speziellen Einzelfall nachweislich in einer bestimmten Kirche als Redezeitmesser verwendet worden ist.“

Einen solchen Nachweis zu erbringen ist nicht immer leicht, doch lassen sich heute gelegentlich noch KanzelSANDuhren in Kirchen selbst finden. Auch in den Kirchenarchiven, wie in deren „Corpus bonorum“, dem Inventarzeichnis, gibt es immer wieder Informationen zu KanzelSANDuhren.

Die in privaten und öffentlichen Sammlungen aufbewahrten SANDuhren sind oftmals ihrer Geschichte beraubt, denn bei den meisten Exemplaren herrscht eine Unklarheit über ihren ursprünglichen Aufstellungsort. Die Suche nach konkreten Hinweisen gestaltet sich meist als sehr schwierig und bleibt nicht selten erfolglos.